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Kolumne

Immer wieder Sonntags 107

An Tagen, an denen mein Urlaub endet, hasse ich „Immer wieder Sonntags“! Echt. Die letzten Tage waren für mich nervenaufreibend und doof, weil meine Oma seit Donnerstag wegen einem Herzinfarkt und anschließendem Aneurysma im Krankenhaus liegt. Sie wird, wegen unterschiedlicher Kompetenzen, von dem einen ins andere Krankenhaus verlegt, ist total verwirrt und mir ist einfach echt gar nicht wohl dabei.

Gerade wenn ich sehe, dass bei einem Besuch die Überwachungsstation über ne halbe Stunde komplett ohne Personal ist, oder wenn ich höre, dass das Personal im zweiten Krankenhaus erst erfahren hat, was meine Oma hat, nachdem meine Mama zufällig da war und aufgeklärt hat. Nun liegt sie, wegen Platzmangel, auch noch genau auf der Station, auf der mein Opa damals so erbärmlich mies behandelt wurde. Sie einfach zu entlassen ist bei der schwere der Krankheiten natürlich auch nicht möglich. Ich hoffe inständig, dass sie da ganz bald wieder raus kommt.

Und ich hoffe, dass ich die Hilfe der Krankenhäuser hier niemals in Anspruch nehmen muss. Wirklich. Wenn man mal in anderen Krankenhäusern außerhalb von Wuppertal war, die deutlich besser aufgestellt sind, dann verschlägt es einem die Sprache, wenn man diese kaputten, manchmal dreckigen aber in jedem Fall überfüllten und oft überforderten Krankenhäuser hier sieht. Klar, es passiert überall mal was Doofes. Fehler sind menschlich und so. Aber wann immer ich in Krankenhäusern außerhalb bin, verschlägt es mir im positiven Sinne die Sprache. Leider (oder in diesem Fall zu Reflexionszwecken: Gott sei Dank!) war ich schon öfter in Krankenhäusern außerhalb des Städtedreiecks. Und das ewige „alle sind überfordert“ und „Wuppertal hat halt kein Geld aber es ist immer noch besser als in Afrika“ und „das Gesundheitssystem in Deutschland ist SO gut, das weißt Du gar nicht zu schätzen“ kann ich wirklich nicht mehr hören. JA, das mag ein Grund sein, aber sicher kein Freifahrtschein und auch keine Entschuldigung für alles, was hier manchmal abgeht.

Den Rest der Woche waren wir viel mit meinem Projekt beschäftigt (wenn alles fertig wird, lüfte ich das Geheimnis nächste oder übernächste Woche bei Immer wieder Sonntags :-) ) und viel unterwegs. Dienstag waren wir erst in den Rieselfeldern, eine Freundin in Münster besuchen und einkaufen (die Auswahl an Lebensmitteln generell, aber jetzt speziell an Bio & veganen Sachen, ist in Münster echt deutlich angenehmer, deshalb nutzen wir das gern aus, wenn wir da sind). Danach sind wir nach Werne bei Marius Oma und seiner Tante vorbei geschneit.

In den Rieselfeldern war es, wie immer, richtig toll. Wir waren komplett alleine dort und hatten das Glück, eine komplette Nutria-Familie beim futtern beobachten zu können. Das erste Tier hab ich im Wasser gesehen und war so euphorisiert, dass ich es mit meinem Quieken erschreckt habe (ich dachte, es sei ein Biber – den hab ich noch NIE in der freien Wildbahn erlebt, Nutrias allerdings auch nicht) aber ein Stück weiter saßen dann gleich vier Stück. Echt toll. Sowas macht mich jedes Mal richtig glücklich.

Donnerstag war ich dann, wie immer, bei Lexa auf dem Begegnungshof, um mit dem Pferd Shadow ein bisschen raus zu gehen. Dieses Mal hat Shadow mich echt hart gefordert, wenn nicht gar heraus gefordert. Am Ende lagen meine Nerven sogar kurzfristig blank. Aber von vorne! Schon auf dem Weg runter in den Wald war Shadow richtig dolle aufgeregt/nervös/voller Energie. Ich konnte es dieses Mal gar nicht richtig einschätzen. Jedenfalls ist er ganz oft „hoch gesprungen“ und hat ausgetreten und mich damit echt nervös gemacht.

Auf dem Rückweg traf ich, Gott sei Dank, Lexa, die mit dem Auto auf dem Waldweg ein paar Äste für die Pferde gesammelt hat. Als ich mit Shadow an ihrem Auto vorbei wollte, hat er wieder ausgetreten (beinah ins Auto, Hallelujah!) und ich hab ihn vor lauter Schreck und Enge und „Ach naja, Lexa ist ja auch da.“ dann zum ersten Mal komplett los gelassen. Zum Glück ist er nur ein paar Meter weiter gerannt, aber in dem Moment war Sense bei mir und ich war wiiiirklich dolle aufgewühlt.

Insgeheim hatte ich mir aber schon vorher gewünscht, dass doch bitte Lexa vorbei kommt, weil ich einfach so unsicher war, ob es richtig ist, was ich so aus dem Gefühl heraus, in solchen Situationen mache. Natürlich war es richtig (ich raff einfach nicht, warum ich meinem Gefühl immer noch ganz oft so misstraue, obwohl ich seit Jahren merke, dass ich immer richtig liege). Lexa konnte mich (und ihn) jedenfalls  beruhigen. Danach gings mir dann auch wieder gut und wir konnten den Rest unseres Weges lustig und in Ruhe abschließen. Aber, Hallelujah, was war das ne Aufregung für mich! :-)

Ganz spontan bin ich dann Abends noch zu dem Herzöffnung-Impulsworkshop von Magdalena Salvato gefahren. Ich hab ne halbe Stunde nach der Zusage von Omas Herzinfarkt erfahren aber die Entscheidung, den Termin einzuhalten, war genau richtig. Obwohl ich wirklich mit mir gehadert habe, habe ich letzten Endes nicht nur für einen Moment meine Sorgen vergessen und ganz viel erfahren dürfen, sondern auch gelernt, dass es generell nichts bringt, wenn ich in Situationen, auf die ich ohnehin keinen Einfluss habe, einfach alles stehen und liegen lasse. Nach einem so aufregenden Tag war der Herzöffnung-Workshop genau das Richtige und tat mir gut. Außerdem habe ich so das erste Mal ganz aktiv nur an mich gedacht und das getan, was MIR in diesem Moment gut tut.

Der Workshop war echt toll. Ich hab vorher gedacht, dass mein Herz offen ist (und ich deshalb so oft mit den Gedanken bei anderen bin). Musste aber für mich feststellen, dass ich eigentlich viel mit mir selbst ausmache, in mich hinein fresse und verschließe, aus Angst verletzt zu werden und auch aus Angst Gefühle zu zeigen. Das ist mir in diesem Workshop sehr bewusst geworden. Der „Wenn mein Herz ganz geöffnet ist, …“ Impuls war toll, um zu schauen, was dann wäre. Zum Schluss konnte man sich bei einer beruhigenden Übung in die Arme einer anderen Frau sinken lassen. Hätte ich im Vorfeld von dieser Übung gewusst, hätte ich wahrscheinlich alles zerdacht. „Bei ner fremden im Arm liegen? Und dann auch noch entspannen? Wie soll das gehen? Seltsam alles. Nicht mein Fall und überhaupt!“. In diesem Moment, nach zwei Stunden Selbstfindungsarbeit war es aber unfassbar gut. Ich hab mich ehrlich total geborgen und wohl gefühlt. Wenn ich es nicht selbst erlebt hätte, könnte ich es nicht glauben :-)

Freitag gab es bei Instagram einen FreiTalk rund ums „vegan sein“. Den hatten sich viele gewünscht und so haben wir über den ganzen Kram gesprochen. In diesem Zusammenhang habe ich die Kanäle „Earthling Ed“ und „Vegan ist ungesund“ nochmal empfohlen. Bei Ed liebe ich die Art und Weise, wie er auf Menschen zugeht und sie, im Verlauf der Interviews quasi aufklärt, so dass die Befragten selber merken, wie doof manche Ansichten von uns sind. Und die Jungs von „Vegan ist ungesund“ mag ich vor allem für ihren Humor, durch den sie, glaube ich, vielen nochmal einen anderen Zugang zu dem Thema ermöglichen.

Berührt hat mich in dieser Woche außerdem die Geschichte meines leiblichen Opas, den ich nicht kennen lernen konnte. Mein Opa war ein Obdachloser und ist, im Alter von 48 Jahren, 1985 in einer Hütte erfroren, nachdem er (soweit ich weiß) von Skinheads zusammen geschlagen wurde. Meine Mutter hat angefangen über ihren Vater zu recherchieren, weil sie selbst in kaum kannte. Zufällig wurde wenige Tage vor ihrer Recherche, in einer Facebookgruppe ein Post veröffentlicht, in dem es ausschließlich um die Erinnerung der Leute aus der Stadt, in der er lebte, ging. Hier wurden ganz viele Geschichten über ihn geteilt. Auf seiner Beerdigung waren über 300 Menschen (wie krass ist das bitte!) aus dem Ort. Nahezu jeder kannte ihn, er half vielen Jugendlichen, galt als warmherzig, empathisch und hilfsbereit.

„Ich habe das damals zwar nur als Jugendlicher wahrgenommen, aber XXX war nicht einfach nur jemand der „auf der Straße„ gelebt hat, sondern er nahm am täglichen Leben teil. Irgendjemand saß immer bei ihm und hat sich unterhalten. Man grüßte ihn und es war ganz normal dass er sein Plätzchen dort hatte. (…) er hat einfach dazugehört…“

Ich find das absolut beeindruckend. Wie ein Obdachloser auch über 30 Jahre später noch so in den Köpfen der Menschen ist. Was muss das für ein interessanter Mensch gewesen sein. Ich hätte ihn wirklich gerne kennen gelernt. Außerdem hat mir die Geschichte wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, Menschen nicht voreilig auf Grund ihrer Lebensweise zu verurteilen.

Ja, das war’s. Die Zeit dazwischen haben Marius und ich für uns genutzt, für Freunde, die Familie und für Dinge, die liegen geblieben sind. Sollte ja auch kein Erholungsurlaub, sondern ein „Machen-Urlaub“ werden. Erholung gibt es dann im Mai. Da wollen wir auf jeden Fall in die Berge. Und im April bin ich ja noch drei Tage alleine in der Eifel.

|Gehört| den Specht, der uns jeden Morgen verlässlich um spätestens acht Uhr aus dem Wald klopfend geweckt hat
|Gesehen| wunderherrlichstes Winter-Sonnen-Wetter schon wieder! Und zuckersüße Nutrias! Und eingefrorene Seen! Und sogar 2 x Schnee!
|Getan| gearbeitet, gelesen, gelacht, geweint, gegessen, genossen, gedacht, geärgert, gespannt
|Gegessen| siehe Essensplan KW 9
|Gedacht| bitte, lieber Gott, mach, das Oma schnell aus diesen Abfuck-Krankenhäusern raus kommt
|Gefreut| über einen spontanen Herzöffnung-Workshop, tolles Wetter, zwei Runden Badminton, einen Rieselfelder-Spaziergang
|Gelesen|Health Through Balance* (saumäßig interessant und lehrreich!)
|Geärgert| über die Zustände in Krankenhäusern 
|Gekauft|The Wild Unkown Animal Spirit Deck* (vorbestellt)
|Geliebt| Zeit für und mit Marius, die Geschichte meines Opas, das schöne Wetter und all sowas
|Geklickt|nix
|Geschrieben| Was essen wir heute“ und darüber wie Plastik im Alltag vermieden werden kann
|Geplant| für den Sperrmüll mal wieder einiges ausmisten, im Alltag ankommen

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