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Kolumne

Immer wieder Sonntags 218

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|Gesehen| „Built for This
|Gehört| Johannes Oerding „Anfassen
|Getan| gearbeitet, gekocht, geschrieben, gegangen, geweint, geärgert
|Gefreut| über Spaziergänge
|Gelesen| Nix
|Gekauft| nichts
|Geliebt| Marius
|Geschrieben| Mit Angst & Panik umgehen – Was mir hilft
|Geplant| auf unsere Art und Weise Abschied nehmen


Tschüss, Opa

Gestern ist mein Opa verstorben. Wenn ich an unsere gemeinsame Zeit zurück denke, dann ist zwischen uns immer sehr viel Raum gewesen. In meiner Kindheit habe ich es geliebt, mit ihm Mikado, Schwarzer Peter oder Quartett zu spielen und ihn, auf seinem Rücken sitzend, auf Knien als „mein Pferd“ durch die Wohnung zu scheuchen.

Wir waren viel im Zoo, in der Fauna, Brombeeren und Holunder für Marmelade pflücken, Rehe im Park beobachten. Aber es gab eine gewisse Distanz. Etwas, das ich erst als Erwachsene so richtig hinterfragt, aber nie ganz verstanden habe.

Platz für ungelebte oder unausgesprochene Gefühle, ein „Ich hab dich lieb“ oder gar „Ich liebe dich.“, „Wie geht es dir?“, „Was beschäftigt dich?“ und „Es ist schön, dass es dich gibt.“. Es gab keine wirklich liebevollen, gefühlvollen Begegnungen oder Erinnerungen zwischen uns, ohne dass wir irgendwie böse oder kalt miteinander umgegangen wären. Es war einfach anders.

Dieses „anders“ sorgt dafür, dass auch das Abschied nehmen anders war und die Trauer jetzt anders ist als – ja als was eigentlich? Es ist anders, als ich es mir wünsche und anders, als es mit meinem anderen Opa war.

Nachdem vorgestern der Anruf kam, dass er im Sterben liegt, war ich mir noch sicher, dass mich die Situation „ansonsten nicht tiefer“ berührt, weil unser Verhältnis eben immer so „Stiefopamäßig“ distanziert war (obwohl er für mich immer „Opa“ war und nie mein „Stiefopa“).

Marius saß mir ganz betrübt gegenüber, was mich total verwirrte, weil ich gar nichts fühlen konnte. Ich fragte ihn, was in ihm vorgeht und was er fühlt. Was er dann gesagt hat, hat mir (mal wieder) den Weg zu meinen eigenen Gefühlen geebnet und mir klar gemacht, dass es IMMER mehrere Teile gibt, die parallel existieren und da sein DÜRFEN.

Einen Teil, der „ansonsten nicht tiefer berührt“ ist, aber eben auch einen, der betrübt ist, einen traurigen Teil, einen Besorgten, einen Dankbaren, einen mit schlechtem Gewissen, einen der sich was anderes gewünscht hätte und so weiter.

Es tat sehr gut, diesen Teilen Raum zu geben und sie gemeinsam zu durchleben. Mir selbst zu erlauben, das zu fühlen, auch wenn es nie möglich war, meinen Opa tiefer zu begreifen und ihm tiefer zu begegnen. Er gehört zu meiner Geschichte dazu (auf Instagram schrieb ich noch: „auch ohne tiefere Gefühle“, allerdings finde ich das gerade nicht mehr passend, weil es sehr wohl tiefere Gefühle gibt bzw. würde ich sogar sagen: ganz besonders tiefere/verborgene Gefühle und weniger solche, die ganz klar an der Oberfläche durch gelebte Trauer o.ä. sichtbar sind).

Auch jetzt, wo er gestorben ist, geht es mir ähnlich wie vorgestern. Da sind so viele Teile in mir, die ganz unterschiedlich fühlen. Ich mag, dass sie da sind und mir gewisse Dinge zeigen, aber vor allem, dass Marius und ich so offen und gefühlvoll darüber sprechen und reflektieren können.

Unter normalen Umständen hätte ich irgendwas zwischen „Da gibt es nicht wirklich was zu fühlen“ und „Schade, Mensch. Aber nun gut.“ an Gefühlen zugelassen. Mit Marius in Verbindung wird aber genau der Raum, der zwischen Opa und uns offen (nicht leer!) war, mit Gefühlen aufgefüllt. Das tut irgendwie weh, aber auch gut. Vielleicht war der Raum am Ende genau dafür da.


Auswilderung

Letzte Woche Samstag haben wir unsere sechser Mäuse-Crew ausgewildert. Es ist irgendwie immer auch ein Gefühl von „einfach so aussetzen und dem Schicksal überlassen“, wenn man die Pupsis in die Freiheit entlässt. Man weiß gar nicht, wie ihr Leben weiter geht. Aber wir haben sie gut auf ihr Leben in Freiheit vorbereitet. Es war schön, sie ein paar Wochen begleiten zu dürfen und es ist gut, dass sie jetzt wieder ein artgerechtes Leben führen können.


Der Jäger schießt die Idylle kaputt

Auf Instagram schrieb ich letzte Woche:

Wie würden wir die Welt wahrnehmen, wenn wir nicht am Ende einer Nahrungskette stünden, sondern ein Teil von ihr wären – die Maus muss sich ducken, wenn der Bussard kreist. (Justus Vogt) Während meine Mutter und ich auf dem Feld sitzen, um den über uns kreisenden Bussard zu fotografieren und die Rehe zu beobachten, knallt ein Jäger nur wenige Meter von uns entfernt sinnlos Tiere ab. Ich habe schon oft versucht diesem Berufsstand eine Chance zu geben und irgendetwas Positives abzugewinnen. Ihre „Aufgabe“ ernst zu nehmen (das wurde einem früher ja oft so vermittelt). Aber wann immer ich eine/n kennen lernte, ging es um die pure Lust am Töten (die aber nicht selten leider auch sexuell motiviert ist, wenn man da recherchiert wird einem kotzübel). Um eine Trophäe. Ums Fleisch. Nie konnte jemand plausibel und nachvollziehbar erklären, warum genau der Tod von über 5 Millionen Wildtieren jährlich notwendig ist. Das Märchen vom Jäger als Naturschützer ist mittlerweile tausendfach widerlegt. Es findet weder eine nachhaltige Reduzierung (alleine die Begrifflichkeit ?) von Wildtierbeständen statt, noch trägt die Hobbyjagd laut Studien zu einem artenreichen Wildtierbestand bei. Um zu bemerken, dass die Artenvielfalt weiterhin dramatisch sinkt, muss man allerdings auch kein Experte sein oder jahrelange Studien anlegen. Die Einzigen, die weiterhin vehement dagegen „argumentieren“, sind die Jäger selbst. ??‍♀️ Was wäre, wenn der Jäger plötzlich der Gejagte wäre? Wenn ich oben in meinem Häuschen auf ihn lauere, ihm im richtigen Moment einen Kopfschuss verpasse und mir seinen Kopf später an die Wand nagel, weil ich es so abgefahren cool und lustvoll finde?! Tja. Man kann ja nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, mensch! Ich finde „Hobbys“, bei denen es ums Töten geht grundsätzlich ganz, ganz seltsam. Und zudem ist es auch ein wirklich ganz fürchterliches Gefühl, nebenan zu sitzen, die Geräusche zu hören und zu wissen, was gerade passiert ist. Mama und ich haben den Zauberwald gestern relativ zügig und mit bedrückten Gefühlen verlassen. Den Bussard haben wir aber trotzdem mit der Kamera erwischt. ? Kurz bevor das Reh sein Leben lassen musste

Dieses perfide Hobby beschäftigt mich in letzter Zeit sehr. Die Tatsache, wie viele Tiere jedes Jahr sinnlos von JägerInnen erschossen werden, aber auch wie viele Jagdunfälle es mit Menschen oder „Haustieren“ gibt, macht mich sprachlos. Je mehr ich dazu lese, desto größer wird mein Unverständnis. Es gibt einfach NICHTS, dass die Jagd rechtfertigt. Und doch ist die Zahl der JägerInnen weiterhin steigend, es gibt einen regelrechten „Jagd-Boom“ und das ewige Märchen vom Jäger, der die Natur reguliert/rettet und ein ganz besonderer Natur- und Tierliebhaber ist, wird weiter erzählt.

Zahlreiche Jagdfreie Gebiete (wie z.B. der Kanton Genf, ein Teil des Schwarzwaldes, einige Nationalparks und große Teile Hollands) beweisen, dass sich die Natur selbst reguliert. Die Natur braucht uns Menschen nicht. Jäger schon mal gar nicht.


Und sonst so?

Letzte Woche ist „Immer wieder Sonntags“ ausgefallen, weil es nicht wirklich viel zu berichten gab und wir zudem Sonntag Besuch hatten. In dieser Woche gibt es sonst auch nicht so richtig was zu erzählen. Ich war ein paar Mal mit meiner Mama draußen im Wald, hab hier und da Fotos gemacht und das draußen sein und die Gespräche mit ihr genossen.

Ansonsten war es das von meinen letzten beiden Wochen. Ich wünsche euch einen guten Start in die neue Woche.

2 Antworten auf „Immer wieder Sonntags 218“

Hallo Sanni, oh man… Ich sitze hier und lese und fühle mich so krass erinnert.
Meine (Lieblings-) Oma starb, als ich 14 Jahre alt war. Wenn ich dran denke, macht mich der Verlust auch heute nach so vielen Jahren immer noch sehr traurig.
Mein Opa folgte ihr 1 1/4 Jahr später und ich fühlte… Nichts. Auch wie du habe ich kein schlechtes Verhältnis zu ihm gehabt. Er war mein Opa, er war da… Mal mehr, mal weniger, weil er oft angeln war. Mit uns Enkelinnen, die wir in den Ferien immer da waren, hat er nicht viel anfangen können. Ich mache ihm keinen Vorwurf. Meine Mama, seine Tochter, hat es als Kind ähnlich empfunden. Vermutlich hat die Kriegs-/Nachkriegsgeneration das einfach nicht wirklich gelernt oder hatte damals andere Probleme, als sich mit Kindern zu beschäftigen.
Bei der Beerdigung floss bei mir nicht eine Träne, auch sonst nicht wegen seines Todes. Mir war es nahezu egal und ich fühlte mich schlecht deswegen. Ich erzählte das damals natürlich niemandem. Alle denken so, wenn ein Verwandter stirbt, muss man doch traurig sein… Nein, muss man nicht. Gefühle sind etwas, was wir nicht steuern, sie entstehen von selbst. Auf der nüchtern rationalen Seite kann man natürlich einen Verlust bedauern, aber das ist nicht zwingend ein Gefühl der Trauer.

Lange Rede, kurzer Sinn… Egal wie du fühlst, Gefühle irren nicht und sollten immer Raum haben. Fühl dich gedrückt

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