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Kolumne

Ein Jahresrückblick oder ein Roman

Eigentlich hasse ich Jahresrückblicke wirklich ohne Ende aber in diesem Jahr habe ich begonnen, das wunderschöne „Jane-a-day“ five year Journal mit meinen Erlebnissen zu füllen und aus irgendeinem Grund ist es mir ein Bedürfnis, die „Zusammenfassung“ aus 2013 mit Euch zu teilen. Vielleicht auch um Euch zu zeigen, dass es irgendwie immer weiter geht.

2013 war mit großem Abstand das elementarste Jahr meines Lebens. Es hatte unfassbar viele Tiefen aber auch einige Höhen. Das hier wird sicherlich ein sehr privater Jahresrückblick, der sehr „Opa-lastig“ ist aber ich glaube, dass das „von der Seele schreiben“ mal gut tut. Dieser Roman muss nicht zwingend gelesen werden ;-)

Eigentlich fing dieses Jahr mit dem Gedanken an, dass es „unser Jahr“ wird. Mein Freund und ich haben in den letzten Jahren schon einiges durch machen müssen und waren uns sicher, dass uns die 13 Glück bringen würde. Wir wollten entspannen, Zeit für uns finden, uns sammeln, besinnen und das Leben genießen.

Mit einem wunderschönen Auftritt an Silvester, wie die letzten Jahre auch gemeinsam mit Oma und Opa, starteten wir dann ins neue Jahr.
Die bisher (auf vergangene Auftritte bezogen) beste Stimmung, die beste Aussicht über das ganze Tal, sehr viel Spaß und „Hachichkeit“.
Trotzdem beschlossen wir noch am selben Abend gemeinsam mit Oma und Opa:
„Dieses Jahr werden wir an Silvester endlich mal mit der Familie feiern. Kein Auftritt an Silvester im neuen Jahr!“ .
Zu diesem Zeitpunkt konnte niemand ahnen, dass das unser letztes gemeinsames Silvester war.

Gleich am 8. Januar wurde „DieCheckerin.de“ ins Leben gerufen. Was hab ich meine Idee zum Namen an diesem Tag gefeiert und was war ich froh, als ich bei meiner „Google-Überprüfung“ niemanden fand, der diese Idee bereits vor mir hatte. Beste Voraussetzungen.

Am 31. Januar habe ich dann mein Fachabi bestanden und gleich gebührend bis Morgens um halb sechs gefeiert. Der erste Schritt in die richtige Richtung und quasi so was wie ne „Sicherheitsstufe“. Selbst wenn es mit dem Abi nicht klappen sollte, hat man so schon mal ein paar Möglichkeiten mehr.

Am 11. Februar wird Carina zur Anna Lyse und die Welt ist noch in Ordnung. Wir haben riesigen Spaß, große Pläne und sprühen nur so vor Ideen. Unser erstes Gewinnspiel geht online, unser Youtube Kanal startet durch und so endet der Februar 2013 wirklich gut.

Am 02. März 2013 trafen wir uns alle, um endlich gemeinsam in Opas 67. Geburtstag rein zu feiern. Wir hatten es ihm so oft versprochen und er wünscht es sich all die Jahre zuvor so sehr, dass wir es in diesem Jahr endlich in Angriff genommen haben. Wir waren schön gemeinsam Essen, Oma und Opa hatten ordentlich Alkohol für die große Sause besorgt und ich habe zum ersten Mal in meinem gesamten Leben ein Geschenk für Opa gehabt, dass ihn zu Tränen gerührt hat.
Wir fuhren guter Dinge zu meinen Großeltern nach Hause.
Während wir alle noch draußen standen und rumalberten, schloss meine Oma die Haustüre auf.
Unsere Hunde waren etwas nervös aber in solchen Augenblicken schaltet man natürlich nicht schnell genug.
Im Haus hörte ich wie Oma sagte „Ach was ist denn hier passiert? Resi? (Die Katze) Das kann doch nicht wahr sein.“ Dann kam sie raus mit den Worten „Ich glaube bei uns haben sie eingebrochen. Das kann doch nicht die Katze gewesen sein.“.
Dieser Moment, als wir die Zimmer betreten haben, war so unwirklich und irreal.
Die Fenster waren aufgebrochen, alle Schränke standen offen und die Gegenstände waren auf dem Boden verteilt.
Überall lagen Scherben, Anziehsachen, Papiere, Besteck, Schmuck.
Sämtliche Zimmer waren komplett verwüstet. Es war grausam und mir läuft heute noch ein kalter Schauer über den Rücken.
Nachdem die Polizei da war, haben wir uns trotzdem noch zusammen gesetzt und versucht, das Beste aus dem Abend raus zu holen.
Aber nach so einem Einbruch, der etliche gruselige Fragen offen gelassen hat, fällt das natürlich niemandem leicht.

In den folgenden Wochen machte ich mir immer öfter Sorgen um meine Großeltern.
Der Einbruch hatte seine Spuren hinterlassen und Opa wirkte plötzlich um Jahre gealtert.
Er hatte häufig starke Schmerzen in der Hüfte, bat meinen Freund zunehmend um Hilfe und wirkte auf mich an manchen Tagen etwas „kopflos“ und verwirrt. Zu dieser Zeit hat man das auf den Stress und die Ereignisse geschoben. Im Nachhinein kann man zumindest vermuten, dass das bereits die ersten Anzeichen dessen waren, was uns später „blühte“.

Am 1. April brach ich mir im betrunkenen Kopf den Fuß. Wir hatten ordentlich mit meinen Eltern Ostern gefeiert und vermutlich trank ich ein paar Ouzo zu viel und landete Nachts um vier, voll wie zehn Russen, im Krankenhaus.
Sprunggelenksfraktur, alle Bänder gerissen, Wadenbein durch. Zu allem Überfluss musste die OP wegen der starken Schwellung (und vermutlich auch wegen meines Pegels) verschoben werden.
Was folgte waren acht lange Wochen zu Hause.
Acht Wochen die mir eines ganz deutlich zeigten: Checkerin, du bist so erbärmlich untrainiert, dass du nicht mal 3 Meter schmerzfrei auf Krücken laufen kannst.
Ich habe mir zu dieser Zeit geschworen, dass alles anders wird. Ich sollte aufhören zu schwören ;-)

In dieser Zeit habe ich gleichzeitig auch beschlossen, mir einfach nichts mehr vorzunehmen. Am 1. April begann gerade unsere letzte Ferienwoche und nachdem die erste Woche recht stressig war, nahmen wir uns vor die zweite Woche zu genießen und viel zu unternehmen. Endlich mal. Pustekuchen. Man sollte sich nichts mehr vornehmen sondern einfach MACHEN und zwar SOFORT.

Nachdem die erste Schraube Ende Mai entfernt wurde, konnte ich recht schnell wieder gehen und es sollte wieder Berg auf gehen.
Am ersten Tag meiner Physio kam dann Abends der Anruf: „Papa ist mit Opa ins Krankenhaus gefahren. Es besteht der Verdacht auf einen Schlaganfall.“. Allein diese Diagnose hat mich fertig gemacht. Ich hab die ganze Nacht geheult und obwohl ich wusste, dass Opa zu diesem Zeitpunkt recht fit war (Mein Gott, er war ja auch gerade erst 67 geworden!), bin ich fast umgekommen vor Sorge.

Ich habe immer, wirklich immer große Sorgen vor schlimmen Ereignissen gehabt.
Als ich alleine gewohnt habe, bin ich oft nachts wach geworden mit einem „Oh mein Gott, es ist jemand gestorben!“-Gefühl.
So etwas kann man vermutlich niemanden begreiflich machen, der solche massiven Ängste nicht teilt aber ich quäle mich seit etlichen Jahren mit solchen Ängsten.
Der Gedanke daran, dass ein mir Nahe stehender Mensch todkrank wird oder gar stirbt, hat mich seit Jahren fast täglich begleitet. Dass fast jeder Angst davor hat ist klar aber ich beschäftig(t)e mich damit wirklich täglich.
Warum genau weiß ich gar nicht, ich hatte da keinen Einfluss drauf.
Manchmal bin ich Nachts heimlich in die Wohnung meiner Eltern, nur um nachzusehen ob noch alle leben – völlig ohne Grund.
Meinen Opa hatte ich dabei allerdings nie auf dem Schirm. Er wäre der letzte Mensch in meiner Familie gewesen, um den ich mich jemals gesorgt hätte.

Was folgte, waren endlos lange Wochen (insgesamt 2,5 Wochen) voller Ungewissheit.
Kein Schlaganfall. Ein Hirntumor. Nein doch nicht. Ah doch ein Tumor aber gutartig. Er kann geheilt werden.
Am 8. Juni war Opa das letzte Mal zu Hause. Auch diesen Tag werde ich niemals vergessen.
Mein Freund und ich saßen gemeinsam mit Oma und Opa auf der Terrasse. Wir haben wie so oft bei schönem Wetter gegrillt und nen Whiskey getrunken. Die Stimmung war sicherlich nicht so ausgelassen wie sonst, auch weil es Opa merkbar schlecht ging aber dass das der letzte gemeinsame Tag im Garten werden würde hätten wir nie für möglich gehalten.

Am 19. Juni kam dann die Diagnose.
Als die Nachricht kam, dass wir uns alle um 18 Uhr bei meinen Eltern treffen sollen.war mir klar was los ist, sonst hätte meine Mutter gleich Entwarnung gegeben.
Wie so oft hatte ich aber ohnehin schon ein paar Tage vorher das Gefühl, dass nichts mehr „gut“ wird.
Dass es aber die beschissenste, bösartigste und gleichzeitig seltenste Hirntumor-Art war, hat selbst mir den Boden unter den Füßen weggerissen.

Einfach so, von heute auf morgen, wurde Opa aus dem Leben gerissen. Vor wenigen Wochen war er top fit und plötzlich geht nichts mehr. Man kann solche Schicksalschläge einfach nicht fassen.

Die folgenden Wochen und Monate waren die schlimmste und gleichzeitig intensivste Zeit meines bisherigen Lebens.
Ein Mix aus naiver Hoffnung, dem schwierigen Weg des Abschied nehmen, Revue passieren lassen, gegen die Ängste ankämpfen, verdrängen, Wünsche erfüllen und die gemeinsame Zeit genießen und so schön gestalten wie nur irgendwie möglich.
Das Krankenhaus in dem Opa zu erst war, machte einem diese Zeit nicht immer leicht.
An manchen Tagen war ich kurz davor auszuflippen und Opa einfach nur raus holen zu wollen.
Was Opa dort an kostbarer und schöner Lebenszeit geraubt wurde, wie er zum „Idioten der nichts mehr kann und mitbekommt“ degradiert wurde und wie wir als Familie oft so machtlos dabei standen,  ist einfach unbeschreiblich und traurig.
Unweigerlich fragt man sich, obwohl es keine Möglichkeiten dazu gab, ob man nicht hätte ALLES dafür tun sollen, dass er hätte zu Hause sterben können.
Völliger Quatsch aber der Gedanke daran, dass Opas größter Wunsch, zu Hause sterben zu können, für uns nicht erfüllbar war, macht mich manchmal echt fertig.

Dennoch haben wir auch aus dieser Zeit das Beste gemacht. Etwas anderes bleibt einem ohnehin nicht übrig.
Es waren furchtbar intensive Momente. Wir haben viel gemeinsam gelacht, geweint und gefeiert.
Opa wünschte sich eigentlich eine große Sommer-Party bei sich zu Hause im Garten aber auch das ließ sich für uns nicht realisieren.
Dafür haben wir oft das Krankenhaus zur Disco umfunktioniert.
An einem Tag haben wir uns einfach Opas gesamtes Bett geschnappt und ihn raus auf das Klinikgelände gefahren und mitten auf einem Parkplatz in der Abendsonne ein Bierchen getrunken und über alte Zeiten gequatscht.

Als mein Opa eines Tages erfuhr, dass mein Freund seinen Geburtstag nicht feiern möchte, konnte er das gar nicht akzeptieren.
Immer wieder rief er ihn zu sich und versuchte im klar zu machen, dass es keinen Grund gibt traurig zu sein und dass es ebenso wenig einen Grund gibt, den Geburtstag nicht zu feiern. Ein „Nein“ hätte er nicht akzeptiert.
So gab sich mein Freund geschlagen und wir verlegten die Geburtstagsfeier auf die Palliativstation im Krankenhaus.
Wir grillten auf der kleinen Terrasse, tranken Whiskey und Bier, sangen dämliche Lieder und haben unwahrscheinlich viel gelacht.
Von solchen Momenten kann man auch heute noch zehren.

Als Opa dann Ende Juli ins Hospiz kam, fing ein neuer Abschnitt an. Man wusste im Vorfeld bereits, dass man Abschied nehmen musste aber ein Hospiz macht das Ganze noch greifbarer.
Irgendwie habe ich mir Hospize anders vorgestellt.
Viel sanfter, schöner und „fröhlicher“.
Vermutlich wurde im Vorfeld einfach zu viel von einem solchen Hospiz geschwärmt, so dass sich mein naives Gehirn einen wirklich abgrundtief würdevollen Ort vorgestellt hat ;-)
Es war natürlich trotzdem um Längen besser als im Krankenhaus.
Opa fragte schon Wochenlang immer wieder, ob ich nicht mit dem Singen weiter machen wolle und Keyboard spielen lernen, damit ich sein Hobby weiterführen könne.
Mir brachen diese Gespräche immer wieder das Herz weil ich wusste und weiß, dass Opa sich für mich persönlich nichts Schöneres vorstellen kann, als dass ich seinen „Traum vom singen“ fortführe.
Blöd nur, dass ich in mir nicht die Alleinunterhalterin auf den großen Bühnen sehe, die er immer in mir gesehen hat ;-)
Ich habe mich eines Tages dann etwas blöd ausgedrückt und gesagt „Ich höre ja nicht auf zu singen. Ich mach das ja weiter!“.
Er hatte das völlig falsch verstanden und wollte quasi sofort schon die ersten Auftritte für mich klar machen.
Ihm sagen zu müssen, dass ich das alles in dieser Form nicht weiter machen möchte, war grausam.
Opa war bitter enttäuscht er sprach fast zwei Tage nur das Nötigste mit mir – typisch!
Irgendwann hat irgendwer ihm dann gesagt, dass ich traurig bin und er nahm mich in den Arm und sagte, dass er stolz auf mich ist und mich liebt, egal was ich mache.
Einen Tag später haben wir sein Zimmer dann also in unsere große Bühne verwandelt. Ich habe Keyboard gespielt und dazu gesungen, genau so wie er es sich gewünscht hat.
Die Videos von diesem Tag sind so wunderschön und wie immer gleichzeitig absolut traurig.
Wenn ich mir die Videos ansehe wundere ich mich oft über meine Stärke in diesem Moment.
Opa lag hinter mir auf dem Bett und sang so gut seine Stimme konnte mit, während er manchmal vor Trauer und Freude anfing zu weinen und meine Hand nahm.
Ich habe dabei einfach immer nur gelächelt. In diesem Moment war ich tatsächlich der glücklichste Mensch der Welt.
Er war so glücklich, so stolz und so eifrig dabei mir die Sachen mit dem Keyboard richtig zu zeigen und natürlich auch weil er endlich mal wieder „Musik machen“ und hören konnte. Mit der für ihn besten Sängerin der Welt ;-)
Natürlich wollte er gar nicht mehr aufhören.
Wir sangen eine ganze Weile unsere Lieblingslieder und dieser Tag war mit Abstand der ach… unbeschreiblichste Tag meines Lebens.

Anfang August ging es dann für uns in den Urlaub. So richtig war uns natürlich nicht danach aber Opa hatte mir gleich an dem Tag, als ich den Gutschein gewonnen hatte, unmissverständlich klar gemacht, dass er unter keinen Umständen wollte, dass wir diese Gelegenheit wegen ihm sausen lassen.
Der Urlaub war tatsächlich auch schön und etwas entspannend. Wir haben viel gesehen und am 12. August erfüllte sich endlich ein riiiiiesen Traum von mir:
Einmal einen Affen auf dem Arm haben.
Ich hatte an diesem Tag im Affenpark unzählige Affen auf dem Arm und es war wunderherrlich.
Meine größte Sorge, dass Opas Zustand sich dramatisch verschlechtern würde, traf dann bei unserer Rückkehr aber erst mal auch ein.
Wir waren im Hospiz und wollten gemeinsam mit ihm Urlaubsfotos gucken aber Opa war völlig apathisch und nicht ansprechbar.
Für mich bzw. für uns beide war das ein riesen Schock und an diesem Tag hatte ich große Angst, dass er sterben würde.
Am selben Abend schickte mir meine Ma dann ein wundervolles Foto, auf dem er mir zu winkte, um zu zeigen das alles ok ist.
Auch dieses Foto ist für mich so etwas wie ein „Symbol“ geworden.
Der folgende Monat war geprägt von sehr schlechten und wenigen guten Tagen.
Zum Glück haben wir auch hier die guten Tage wieder voll und ganz ausnutzen können.
Es wurde gegrillt, gesungen, gequatscht und rumgealbert.
Am 15. September haben wir noch ein letztes Mal alle gemeinsam Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Ich spürte, dass es das letzte Mal mit allen zusammen sein würde.
Opa schlief fast die ganze Zeit aber einmal machte er die Augen auf und sagte „Ich freue mich“.

Am 17. September saß ich Morgens um kurz nach Acht mit meinem Handy in der Hand im Auto und wartete förmlich auf den Anruf mit der Nachricht.. In der Nacht hatte ich bereits davon geträumt. Ich kam in sein Zimmer, das Bett war leer und ein Zettel lag drauf auf dem „Wir sehen uns wieder“ stand.
Ich war die ganze Zeit sehr gefasst aber als wir ins Hospiz gingen und ich im Eingang die Kerze leuchten sah und begriff, dass sie dieses Mal nicht für „irgendjemanden“ sondern für Opa brannte, das war schrecklich.
Sein Name und sein Todestag standen auf dem Blatt. Das war so endgültig und unfassbar.
Mich „live“ von ihm verabschieden, das konnte ich nicht. Ich wollte ihn so in Erinnerung behalten wie ich ihn kannte und nicht eine leere Hülle sehen.
Trotzdem war ich bei der Aussegnung dabei, allerdings stand ich im Flur, so dass ich ihn nicht sehen konnte und es war für mich einfach nur schrecklich. Mit ihm in einem Raum zu sein, diese Leere zu fühlen. Urgs.

Die folgenden Wochen und Monate setzte ich einfach alles daran, dass Geschehene zu verdrängen. Ich wollte mich nicht damit auseinandersetzen und hatte außerdem große Angst zusammen zu brechen, wenn ich es doch täte.
Verständlich, dass ich große Angst vor der Beerdigung hatte.
Auch weil es die erste Beerdigung meines Lebens war und mir die normalen, steifen Beerdigungen immer ein Graus waren.
Für Opa hatte ich mir was Besseres gewünscht und ich glaube, dass seine Beerdigung die würdevollste Beerdigung war, die alle Anwesenden jemals erlebt haben.

Verarbeitet habe ich das Ganze aber auch nach der Beerdigung noch nicht.
Bisher hatte ich einfach keine Ruhe, keine „Zeit“, um mich mal etwas zu besinnen und vielleicht fehlt mir dazu auch ein bisschen der Mut. Zwischendurch musste ich ja auch noch meine Abiklausuren schreiben, die ich natürlich versemmelt habe. Jetzt wiederhole ich das halbe Semester eben. Sicherlich nicht die schlechteste Wahl, nachdem ich schon im April eine so lange Zeit gefehlt und so viel verpasst habe.

Und dann war da ja auch noch die Samtpfotenbox, die am 1. November gestartet ist.
An manchen Tagen frage ich mich, wie wir es geschafft haben all das in dieser Zeit überhaupt umzusetzen. Das grenzt an ein Wunder.
Schließlich gab es nicht nur Opa dem es schlecht ging. Wir haben noch einen weiteren schweren Pflegefall in der Familie, ich war zusätzlich mit dem Abi beschäftigt während mein Freund neben der Schule noch eine Ausbildung an einer Fernschule macht. Und dann noch der alltägliche Wahnsinn  und eine Anna Lyse, die sich nach einer Stunde ohne eine Antwort bereits Sorgen macht ;-)

Es ist ein ganz seltsames Gefühl sein eigenes Projekt so wachsen zu sehen.
Für Etwas zu arbeiten, das man selbst erschaffen hat, ist unbeschreiblich schön und erfüllend.
Früher wäre mir nie in den Sinn gekommen, bis Morgens um vier Uhr freiwillig zu arbeiten.
Wir saßen Tage und Nächte, Monate lang an der Umsetzung.
Haben wenig geschlafen, sind uns oft selbst auf die Nerven gegangen.
Stundenlang haben wir gemalt, gebastelt, designed, geschrieben, verhandelt, geplant, gerechnet, gestritten und geschuftet.
Und Ooooh mein Gott, was waren wir aufgeregt vor dem Start.
In diesen Nächten haben wir wirklich kein einziges Auge zu gemacht und ich konnte zwei Tage lang nichts essen weil ich so irrsinnig aufgeregt war.
Und dann gingen die ersten Bestellungen ein.
Morgens um halb fünf und von da an im Minutentakt.
Als dann einige Wochen später alle Boxen ausgeliefert worden sind und es durchweg nur positives Feedback zu der Box gab (natürlich aber mit Verbesserungsvorschlägen), konnte ich mein Glück kaum fassen.
Das ist grandios und lässt einen all den Mist der letzten Monate ein wenig vergessen.
Diese positive Resonanz ist das größte Kompliment und die schönste „Entschädigung“ für all die Arbeit.
Ich habe an manchen Tagen wirklich mit Tränen in den Augen die Bilder fremder Menschen mit fremden Katzen aber meiner Box angesehen und die „Lobeshymnen“ gelesen.
Dort auf den Fotos das eigene Werk zu sehen und zu lesen, was andere Menschen dazu sagen ist einfach unbeschreiblich.

Nicht vergessen darf ich in diesem Jahr außerdem den doch recht großen Erfolg als „Checkerin“ und die netten Menschen die ich dadurch kennen gelernt habe.
Einige sind mir irrsinnig ans Herz gewachsen und haben mir, so beknackt das für einige Aussenstehende auch klingen mag, in dieser schweren Zeit unglaublich viel Kraft gegeben, Mut gemacht und mich abgelenkt.
Natürlich habe ich auch meine realen Freunde und meine Familie aber das hier ist eben noch mal was Anderes.
Man kann der „echten Welt“ einen Moment entfliehen, Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten, normale Gespräche führen mit Menschen die nicht wissen, was in meinem „echten Leben“ los ist und auch einfach mal andere Meinungen von Menschen einholen, die nicht real an meinem Leben teilnehmen.

Mein Fazit zu 2013 ;-) :

Trotz all der Scheiße die in diesem Jahr passiert ist – man muss nach Vorne sehen. Auch wenn ich mir bisher nie vorstellen konnte, dass das Leben auch nach so schmerzlichen Verlusten weiter gehen kann : Es geht weiter. 
Und man kann alles schaffen, wenn man denn will und die Kraft dazu findet.

Schlimme Zeiten wie diese haben auch eine gute Seite: Man rückt näher zusammen. Man merkt auf wen man sich verlassen kann, wer für einen da ist, wem man vertrauen kann. Man merkt wie wichtig die Familie ist, wie wichtig es ist sich Zeit zu nehmen. Wie wichtig es ist, seine Träume zu leben und im Hier und Jetzt zu leben.

Wenn ich eine Sache ganz klar aus 2013 gelernt habe dann, dass man Dinge die einem wichtig sind, nicht aufschieben sollte und seine Träume leben muss. Es gab so viele Dinge, die wir gemeinsam mit Oma und Opa geplant aber nie umgesetzt haben weil die Zeit fehlte, wir sie uns nicht genommen haben oder man die Zeit jetzt einfach noch nicht für „reif genug“ hielt.

Aber die Zeit ist reif. Immer!

Es sind auch die kleinen Dinge im Leben, die das Leben lebenswert machen. Wie ein perfekter Tannenbaum, der einem nach zwei Stunden erfolgloser Suche und bei Opa im Himmel anfragen, plötzlich vor den Füßen liegt ;-)

Und mit diesen Worten beende ich meinen privaten Roman und wünsche Euch und uns Allen, dass wir uns 2014 Zeit nehmen, Mut finden, Kraft haben und Gelegenheiten nutzen.

 

15 Antworten auf „Ein Jahresrückblick oder ein Roman“

Ich bin gerade so zu Tränen gerührt.
Dein Rückblick geht unter die Haut, in vielen Dingen muß ich Dir recht geben und es kommt mir so bekannt vor, auch wenn es schon länger bei mir zurück liegt. Das Leben geht weiter, die Erinnerungen zählen und das Bloggen, ja das ist eine wunderbar andere Welt. :o)
Fühl Dich gedrückt und Danke für den tollen Rückblick.

Man Sandra! Jetzt muss ich heulen.
Du bist echt eine starke Frau. Ich habe ähnliches auch durchmachen müssen, es ist schon länger her, aber es tut noch weh als wäre es gestern. Es ist faszinierend, solch einen ehrlichen Einblick in das Leben eines anderen Menschen zu bekommen. Jeder denkt immer, er hätte es am schwierigsten und nur man selber hat Probleme etc. Wir vergessen oft, das es überall Leid gibt. Aber wir dürfen auch nicht vergessen die schönen Sachen zu sehen, was mir persönlich echt manchmal schwer fällt.

Liebe Sandra, vielen Dank für deinen offenen, ehrlichen und emotionalen Jahresrückblick. Du hast mir jetzt sogar Mut für das nächste Jahr gemacht. Wenn ich könnte, würde ich dich jetzt ganz dolle drücken und knutschen!

Emotionale und sentimentale Weihnachtsgrüße!

Alice <3

Hach du Süße,

auch mich hast du zu Tränen gerührt. Das Leben ist manchmal einfach nicht fair – die Erde dreht sich gnadenlos weiter und hält nicht mal für eine Sekunde die Luft an, wenn einem etwas so Liebes genommen wird. Es ist „egal“, ob es einem gut geht oder nicht. Die Mühle mahlt weiter. Diese Erkenntnis ist manchmal richtig erschreckend, aber wir sind halt nur kleine „Lichter“ unter vielen. Es ist ein ständiges „Auf und Ab“, mal könnte man schreien vor Glück und im nächsten Augenblick heulend zusammenbrechen. Aber dennoch sind es gerade diese kleinen Lichter, die mein Leben so sehr bereichern. Du bist genauso ein Seelchen wie ich. Meistens große Klappe und innen weich wie Wackelpudding. ;)

Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir uns „über den Weg gelaufen“ sind. Alles hat seinen Sinn! Ich hoffe, dass wir auch weiterhin viel miteinander zu tun haben werden, sei es zum Lachen, aber auch zum Weinen, wenn uns danach ist.

Ich drück dich – liebe Grüße – deine Tati

Meine liebe Maus,

Du hast mich zu Tränen gerührt …… Deine Worte wunderschön :) Ich bin immer noch sehr sprachlos was so ein Jahr für manche Menschen bereit hält. Du hast auf alle Fälle mein Jahr bereichert und es ist schön einen so tiefgründigen und tollen Menschen wie Dich zu kennen. Menschen die man liebt bleiben ganz tief in unseren Herzen <3
Das nächste Jahr wird sicherlich wieder eine Menge Höhen und Tiefen für uns bereit halten, aber dafür haben wir Freunde, Familie und liebe Menschen an unserer Seite die da sind und uns unterstützen….. Ich drücke Dich von Herzen mit den besten, nein ALLER Besten Wünschen für 2014 :******

Der mit Abstand traurigschönste Jahresrückblick <3
Und ich gebe dir vollkommen recht, man sollte manchmal die Dinge einfach machen und nicht nur davon reden!
Drück dich :-*

Süße, ich reihe mich einfach mal in die Gruppe der heulenden hier ein und sage: so einen schönen, emotionalen und herzergreifenden Text habe ich lange nimmer gelesen. Besonders bewundert habe ich neben dir auch deine gesamte Familie, so Sachen wie auf dem Parkplatz vom Krankenhaus feiern etc sind in meiner Familie undenkbar!

Ich bin so froh dich 2013 kennen gelernt zu haben, mit dir zu lachen und deine videos zu verschlingen, genau wie deine Plogposts. Auch wenn ich wahnsinnig kommentierfaul bin, aber das ändere ich 2014, ich schör alla!
Danke, dass du das Leben so genial checkst, uns an deinen Sorgen und Gedanken teilhaben gelassen hast und einfach Danke dass es die Checkerin gibt!!!!! <3 <3

Nächstes Jahr lssen wir es krachen, egal ob geschrieben, gefilmt, gechattet oder (hoffentlich) mal live ( ich will mit dir saufen! haha).

Fühl dich mal feste gedrückt und ich wünsche dir einen guten Rutsch, viel Erfolg und gute Zeiten fürs nächste Jahr <3 <3 <3

AXT MATUREEEEEEEEEEEEE!!!!!!!!

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